Workshop 01: Netz-Bürger - Bürger-Netz ¶
Wie verändert das Web das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern?
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Laut dem (N)ONLINER-ATLAS 2007, Deutschlands größter Studie zur Nutzung und Nicht-Nutzung des Internets, sind mittlerweile mehr als 60 Prozent der Deutschen über 14 Jahre »online«. Die hohe Verbreitung des Internets hat auch die politische Öffentlichkeit verändert. Kaum eine staatliche Institution, Behörde oder Partei ist heute nicht im Web vertreten. Unter dem Leitbild des E-Governments verlagern Regierung und Behörden Aufgaben ins Internet, um näher am Bürger zu sein und zugleich Kosten für Regierungs- und Verwaltungsaufgaben zu senken – angefangen bei Portalen zur Bürgerinformation bis hin zur elektronischen Steuererklärung.
Dadurch verändern sich interne Prozesse. Das Medium Internet verlangt eine neue Systematik und stellt gewachsene Strukturen in Frage. Eine Konsequenz dieser Entwicklung ist eine höhere Transparenz von Verwaltungsvorgängen und politischen Entscheidungen, die es einzelnen Bürgen ebenso wie Interessengruppen ermöglicht, diese Prozesse kritischer als bisher zu begleiten. Abseits der etablierten Gruppierungen entwickelt sich außerdem in Foren, Weblogs und unabhängigen Politik-Portalen eine äußerst lebendige politische Diskussion im Sinne einer elektronischen Demokratie oder – neudeutsch – E-Democracy.
Doch das allein stellt nicht sicher, dass öffentliche Internetangebote die Bürger oder potentielle Wähler überhaupt erreichen. Die Digitale Spaltung – bei Menschen mit Behinderungen oft aufgrund mangelnder Barrierefreiheit – verführt im Gegenteil dazu, einen Teil der Gesellschaft vom administrativen Fortschritt abhängen zu wollen.
Folgende Fragen konnten im Rahmen des Workshops diskutiert werden:
- Worin liegen die Demokratiepotentiale des Internets?
- Was hat der Staat von E-Government und E-Democracy?
- Wie viel können wir als Bürger zukünftig online wo mitbestimmen? Wo nicht?
- Können wir uns Behördengänge bald ganz sparen? Oder sehnen wir uns bald nach dem Beamten im Büro zurück?
- Werden Menschen mit Behinderungen aufgrund der technischen Barrieren benachteiligt?
- Warum sind noch nicht alle Verwaltungsangebote online und barrierefrei verfügbar?
- Wie organisieren sich zivilgesellschaftliche Akteure im Internet?
- Ersetzen virtuelle Gemeinschaften und Interessengruppen zukünftig die etablierten Parteien?
- Wo liegen Chancen und Risiken der Mediendemokratie im Internetzeitalter?
- Welche erfolgreichen Beispiele gibt es für die Verbindung von virtueller Kommunikation und bürgernaher Demokratie?
Moderation:
- Uwe Proll, Chefredakteur Behördenspiegel
Experten & Ihre Thesen:
- Rika Esser, Christoffel-Blindenmission:
- Politische Transparenz-Initiativen müssen stärker von politischem als von technischem Fachwissen getragen werden, um effizient zu sein.
- Grass-Roots-Initiativen können vom Internet stark profitieren.
- Auch in Zukunft bleiben persönliche Kontakte und das damit verbundene Vertrauen das wichtigste Element für die politische Lobbyarbeit. Das Internet ist ein ergänzendes Element.
- Johnny Haeusler, Spreeblick:
- Das Internet gilt bei vielen Nutzern als eigenständige Gesellschaftsform, als eine Art »Staat im Staate«, mit eigenen, oft kollektiv entwickelten Regeln, jedoch ohne Regierung.
- Bestehende Regierungen erkennen im Internet einen Machtverlust.
- Regierungen werden Maßnahmen direkt beim Nutzer ansetzen wollen, damit alle Nutzer bei allen ihren virtuellen Tätigkeiten identifizierbar sind.
- Frauke Jacobsen, Referentin für Medienkompetenz in der Staatskanzlei NRW:
- Das Web hat bereits jetzt das Verhältnis von Bürger und Staat verändert. In der Kommunikation ist eine neue dritte Partei mit eigenen Handlungslogiken hinzugekommen: der Computer. Das gilt für alle. Nicht nur für Menschen mit Behinderungen.
- Das Web bietet die Chance, bei der Kommunikation zwischen Bürger und Staat unterschiedliche Behinderungen differenziert zu betrachten und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu verbessern. Persönliche Aneignungsformen müssen ebenso in Betracht gezogen werden wie der gesellschaftliche Umgang mit Behinderungen.
- Nimmt man die Teilhabe aller in unserer Demokratie ernst, muss ein barrierefreier Zugang zum Internet zum »Mainstream« werden.
Ergebnisse des Workshops 01 – Bürger-Netz/Netz-Bürger:
- Primäre Informationsquelle ←→ Ergänzendes Informationsmedium
- Barrierefreiheit: Staatliche Regelung vs. Selbstregulierung
- Barrierefreiheit als Mainstream
- Partizipation:
- Selbstorganisation (Blogs u.a.)
- Staatliche Kommunikation (Blogs u.a.)
- Kritikbereitschaft bei mehr Transparenz (Politik)
- Kritikfähigkeit: Fachkompetenz, Medienkompetenz
- Verständlichere/Einfache Sprache als Grundvoraussetzung (für alle Beteiligten)
- Formulare im E-Government nutzerfreundlicher gestalten
- Partizipation bedeutet Zeit und Aufwand
Gesamtprogramm:
Gesellschaft
- WS01: Netz-Bürger - Bürger-Netz
- WS02: Vernetzt und interaktiv
- WS09: Verordnete (Barriere-)Freiheit
- WS10: Fragmentierung, Vielfalt, Mash-up
- WS11: Durch assistive Technik zu aktiver Teilhabe
Wirtschaft
- WS03: Arbeit 2.0
- WS04: Überall Computer
- WS12: Auf Heller und Pfennig
- WS13: Barrierefreies Internet als Managementaufgabe
Programmierung & Technik
- WS05: Der Beitrag der Nutzer zur Barrierefreiheit
- WS06: Deine Stimme zählt
- WS07: Zugänglichkeit und Mobilität
- WS14: Web-Anwendungen - die Software im Browser
- WS15: Zukunft des Barrierefreien Internets
Webdesign
- WS08: Hübsch oder häßlich
- WS16: Verführt oder verloren