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BIENE 2006

In dieser Woche dreht sich alles um die BIENE 2006, den Wettbewerb Barrierefreies Internet, der in diesem Jahr in die vierte Runde geht. Die BIENE wird von der Aktion Mensch und der Stiftung Digitale Chancen veranstaltet; der Wettbewerb soll die besten barrierefreien Angebote im Internet prämieren und als Vorbild bekannt machen. Dabei ist die BIENE der einzige Internet-Wettbewerb in Deutschland, der die Barrierefreiheit von Webseiten in den Mittelpunkt stellt.

Autor: tc

BIENE? Was ist das?

Die BIENE wurde von den Veranstaltern im Jahr 2003 ins Leben gerufen; gemeinsam mit einem fachlichen Beirat wurde ein Prüfverfahren auf Basis der Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) entwickelt und am Schluss waren es über 170 Websites, die sich um einen der Preise bewarben. In den folgenden Jahren steigerte sich die Zahl der eingereichten Angebote immer weiter; im letzten Jahr mussten immerhin 320 Angebote das strikte Auswahlverfahren überstehen.

Erfreulich auch, dass die ausgezeichneten Angebote tendenziell immer besser wurden: wo in den ersten Jahren in einigen Kategorien noch kein Gold vergeben werden konnte, hat sich die Qualität gerade im letzten Jahr deutlich gesteigert – was sich auch in einer ganzen Reihe goldener Bienen widerspiegelte. So wurden in den vergangenen drei Jahren eine ganze Reihe großer und kleiner Webangebote mit den begehrten Bienen in Gold, Silber oder Bronze ausgezeichnet:

  • In der Kategorie »E-Commerce« waren dies zum Beispiel Angebote wie das Online-Banking der Postbank bis zur Hebammenpraxis am Bodensee;
  • in der Kategorie »E-Government« die Webseiten von Bundesministerien oder der Polizei Nordrhein- Westfalen bis hin zu kleinen Angeboten von Ortsvereinen politischer Parteien und dem Integrationsfachdienst Hamburg;
  • in der Kategorie »Kultur und Gesellschaft« gab es Silber oder Bronze zum Beispiel für Greenpeace Berlin, das Österreichische Jüdische Museum in Eisenstadt und die Initiative neue Soziale Marktwirtschaft.
  • Auch in der Kategorie »Bildung, Wissenschaft und Forschung« gab es ein breites Spektrum: die prämierten Websites reichten von Universitäten über Fachhochschulen und Berufsbildungswerke bis hin zum vorbildlichen Angebot einer Grundschule.
  • Traditionell eher unterbesetzt ist die Kategorie Medien – hier konnten in den vergangenen Jahren nur zwei Bienen in Bronze vergeben werden.

Neben diesen klassischen Kategorien wurden auch immer wieder Sonder- und Förderpreise an Webseiten vergeben, die vielleicht nicht immer absolut barrierefrei im Sinne des Testverfahrens waren, die aber hervorragende Lösungsansätze für Teilaspekte des Barrierefreien Webdesigns zeigten. Aus allen diesen Gewinnern lässt sich ein gemeinsames Fazit ziehen: Barrierefreiheit geht, man muss es nur anpacken. Und auch einen anderen Mythos konnte die BIENE widerlegen: dass Ästhetik und Barrierefreiheit unvereinbar sind. Oder, um Guido Karl, Projektleiter der Polizei NRW zu zitieren: »Wie man sieht, dass eine Website barrierefrei ist? Gar nicht. Das ist ja das Schöne!«

Was ist neu bei der BIENE 2006? Der Name

Die offensichtlichste Änderung vorneweg: Award wird gestrichen – der Wettbewerb heißt ab sofort nicht mehr »BIENE-Award«, sondern einfach nur noch »BIENE«. Damit reagieren die Veranstalter auf die Hinweise von Menschen mit Lernbehinderung, für die solche Anglizismen unnötige Barrieren aufbauen.

Neue Kategorien

Eine zweite wichtige Änderung ist die Sortierung der Einreichungen nach ihrem Nutzen und ihrer Komplexität. Dazu wurden die Kategorien unterteilt in:

  • Informations- und Kommunikationsangebote (beispielsweise Themenportale, tagesaktuelle Medien und Foren),
  • Recherche- und Serviceangebote (das können Fahrplanauskünfte ohne Buchung, Kataloge, Datenbanken, Modellrechner sein) und
  • Einkaufs- und Transaktionsangebote (wie zum Beispiel Buchungen, Reservierungen und Zahlungen)

Diese Kategorien sollen die Perspektive der Nutzer viel besser widerspiegeln. Die Bewerber werden gebeten, bei der Anmeldung selbst einzuschätzen, zu welcher Kategorie ihr Angebot gehört. Die Veranstalter des Wettbewerbs überprüfen die Selbsteinschätzung und treffen mit dem Fachlichen Beirat eine Entscheidung über die endgültige Zuordnung, die sich an dem Kernanliegen des Angebots orientiert.

Dies gilt insbesondere, wenn Bewerber nur Teillösungen einreichen. So sollten beispielsweise Betreiber eines Webshops oder eines Buchungs- und Reiseportals nicht nur allgemeine Informationsseiten zum Wettbewerb anmelden, sondern mindestens einen Bereich, der Kernfunktionalitäten wie den Einkauf beziehungsweise die Buchung enthält. Teillösungen, die diesen Kriterien nicht genügen, kann der Fachliche Beirat zurückweisen oder einer anderen Kategorie zuordnen.

Neue Komplexitätsstufen

Weil sich in den vergangenen Jahren gezeigt hat, dass die Umsetzung der Barrierefreiheit entscheidend von der Komplexität einer Webseite abhängt, wird innerhalb der Kategorien danach unterschieden. Die Einstufung in komplexe oder weniger komplexe Angebote hängt unter anderem davon ab, wie viele Funktionen ein Angebot enthält, wie viele Menschen daran beteiligt sind, die Inhalte zu erstellen und wie häufig die Inhalte durch den Anbieter aktualisiert werden.

Wie im vergangenen Jahr schreiben die Veranstalter einen Nachwuchspreis für Webentwicklerinnen und - entwickler in Ausbildung oder Studium aus. Sonderpreise können für Lösungen vergeben werden, die spezifische Bedürfnisse einzelner Nutzergruppen berücksichtigen. Das können beispielsweise Angebote für gehörlose Menschen sein, die Gebärdensprache verwenden, oder Angebote für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Auch andere herausragende und innovative Entwicklungen können mit Sonderpreisen ausgezeichnet werden.

Neue Vorschlagsmöglichkeit für Nutzer

Erstmals haben in diesem Jahr auch Nutzer die Möglichkeit, Webseiten für eine BIENE vorzuschlagen. Gefragt sind hier Beiträge, die im Sinne der Barrierefreiheit für vorbildlich gehalten werden. In einem Online-Formular können Vorschläge für den Wettbewerb eingereicht werden - dabei sollten die Nutzer eine kurze Beschreibung mitliefern, warum sie gerade dieses Angebot für besonders barrierefrei halten.

Neues Prüfverfahren

Sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat die vollständige Überarbeitung der Kriterien und des Prüfverfahrens. Seit Anfang des Jahres wurden dazu von den Veranstaltern und vom fachlichen Beirat sämtliche Schritte einer erneuten Bewertung unterzogen. Dabei wurden der aktuelle Stand der Technik in der Umsetzung barriererarmer Webangebote genauso mit einbezogen wie auch die Tendenzen, die die kommenden Richtlinien der WCAG 2.0 aufzeigen.

Nach wie vor orientieren sich die BIENE-Kriterien an den folgenden Prinzipien:

  • Verständlichkeit,
  • Wahrnehmbarkeit,
  • Bedienbarkeit,
  • Orientierung,
  • Nachhaltige Nutzbarkeit,
  • Inhaltliche Relevanz und Integration und zu guter Letzt das
  • Design

Bestimmte Prüfschritte, die nicht mehr anwendbar sind, da sie mit den heutigen Zugangsarten keine Barrieren mehr darstellen sind entfallen. Eine Reihe anderer Prüfschritte sind ebenfalls nicht mehr im Prüfverfahren, da sie sich auf Techniken bezogen, die zwar früher einmal als empfehlenswert galten, die sich aber nie durchgesetzt haben oder von denen man heute weiß, dass sie doch nicht geeignet sind, um Barrieren abzubauen.

Gleichzeitig wurde das Testverfahren aber auch um Schritte erweitert, die nicht mehr nur Alternativen für problematische Techniken testen, sondern deren direkte Zugänglichkeit für die Hilfsmittel behinderter Menschen. So wird ab diesem Jahr noch stärkerer Augenmerk auf die Barrierefreiheit der immer wichtiger werdenden Web-basierten Applikationen sowie auf die Nutzbarkeit von PDF-Dokumenten oder multimedialen Inhalten wie Flash und Ähnlichem gelegt. Weitere Änderungen in den Prüfschritten und die Hintergründe werden wir in den kommenden Wochen bei ›Einfach für Alle‹ dokumentieren.

Die letzten Arbeitsschritte unmittelbar vor der Veröffentlichung des Verfahrens waren dann eine erneute Revision mit dem Ziel der sprachlichen Vereinfachung, um die einzelnen Prüfschritte in einer verständlicher Form zu präsentieren.

Eine komplette Übersicht der Kriterien und Prüfschritte sowie weitere Infos zum Wettbewerb finden Sie bei einfach-fuer-alle.de/biene-2008/ und biene-award.de. Dort gibt es die Prüfschritte auch in gebündelter Form als PDF zum herunterladen und ausdrucken.

So, das war die zweite Ausgabe unseres wöchentlichen Podcasts zum Thema barrierefreies Webdesign. Weitere Meldungen zum Thema der heutigen Sendung finden Sie im Weblog von ›Einfach für Alle‹ unter dem sowie natürlich bei www.biene-award.de.