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Aktuelles zum Thema Barrierefreies Webdesign.

Für Menschen mit Behinderung wird es besonders wichtig, auch am mobilen Web in vollem Umfang teilhaben zu können, denn dieses bietet ihnen an vielen Stellen persönlichen Zusatznutzen und Mehrwert für ein selbstbestimmtes Leben. Die Aktion Mensch sieht daher einen großen Bedarf, den Blick auf die mobile Nutzung des Internets durch Menschen mit Beeinträchtigungen zu lenken und die Zugänglichkeit mobiler Anwendungen zu verbessern.

Einfach für Alle wird sich daher zukünftig mit einem besonderen Schwerpunkt der Barrierefreiheit im mobilen Internet widmen. Ob sich daraus wieder ein Wettbewerb wie bei der BIENE entwickeln wird, ist noch offen. Unser Ziel ist dabei sowohl, die breite Öffentlichkeit für das Thema der mobilen Barrierefreiheit zu sensibilisieren, als auch konkrete Hilfestellungen zu geben und technisches Know-how zu vermitteln.

Die Initiative Einfach für Alle der Aktion Mensch widmet sich dem Thema »digitale Barrierefreiheit« im stationären Web bereits seit Jahren und hat Lösungen aufgezeigt, wie beispielsweise durch die konsequente Berücksichtigung der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und der deutschen Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) Websites möglich werden, die sowohl Menschen mit als auch ohne Behinderung besser nutzen können – und das mit geringerem Entwicklungsaufwand. Sie hat dazu von 2003 bis 2010 gemeinsam mit der Stiftung Digitale Chancen mit der BIENE (»Barrierefreies Internet eröffnet neue Einsichten«) den wichtigsten deutschen Wettbewerb für barrierefreie Angebote im Internet ausgerichtet, der mit großem Erfolg zahlreiche Best Practice-Beispiele ausgezeichnet hat.

Der erste Baustein dieses neuen Schwerpunkts ist die Teilnahme der Aktion Mensch mit Einfach für Alle auf der re:publica 13 in Berlin vom 6. bis 8. Mai 2013. In einer Keynote gibt der Webentwickler Tomas Caspers einen Rück- und Ausblick auf die Vorreiterrolle, die die Entwickler barrierefreier Technologien oftmals eingenommen haben. In einer anschließenden Podiumsdiskussion wird das Thema vertieft und mit Beispielen aus Praxis und Entwicklung veranschaulicht.

Für alle Besucher der re:publica 13 bietet Einfach für Alle am Stand der Aktion Mensch außerdem ein »Open Device Lab« an. Dort können die Besucher die Darstellung von Webseiten und Apps auf einer Vielzahl unterschiedlicher mobiler Endgeräte testen und ausprobieren, wie barrierefrei diese sind. Auch lässt sich praktisch nachvollziehen, wie Menschen mit z.B. einer Sehbehinderung assistive Technologien auf mobilen Geräten nutzen.

Warum dieser neue Schwerpunkt? Die Nutzung des Internets verlagert sich: weg vom stationären PC hin zu mobilen Endgeräten, und diese Entwicklung wird weiter zunehmen. Mobile Endgeräte werden längst nicht mehr nur von jungen »Early Adoptern« zum Zugriff auf das Internet genutzt, sondern von Menschen aller Altersklassen – und auch von Menschen mit Behinderung. Das gilt ebenso für das klassische Surfen auf Webseiten wie auch für eine Vielzahl neuer Services und Dienstleistungen, die beispielsweise als Apps speziell für den mobilen Gebrauch entwickelt werden und so gut wie alle Internet-Zugang voraussetzen.

Doch diese Verschiebung hin zu mobilen Nutzungsszenarien stellt die Entwickler von Internet-Anwendungen vor Herausforderungen: Konnten sie sich früher auf die Position zurückziehen, dass ihre Nutzer mit einer überschaubaren Anzahl von Bildschirmauflösungen und in der Mehrzahl vermutlich mit einem der beiden großen Browser (Microsoft IE oder Mozilla Firefox) auf ihre Angebote zugreifen würden, so sehen sich Entwickler im mobilen Web geradezu mit einem ganzen Zoo von Endgeräten konfrontiert – vom Einsteiger-Smartphone mit kleinem Display und geringer Auflösung über High-End-Smartphones mit HD-Auflösung über Phablets bis zu Tablets unterschiedlichster Größe. Daher können Entwickler auf der Nutzungsseite auf immer weniger Gemeinsamkeiten bauen, die möglichst viele Endgeräte unterstützen. Wer in dieser Situation auf eine Entwicklung für spezifische Geräte, Auflösungen oder Webbrowser setzt, hat schon verloren und wird der rasanten technischen Weiterentwicklung stets hinterher rennen.

Die gute Nachricht: Das Rad muss nicht neu erfunden werden. Der grundlegende Ansatz einer barrierefreien Entwicklung von Webseiten und Webanwendungen hat auch im mobilen Internet nach wie vor Gültigkeit und hilft bei der Lösung der beschriebenen Probleme. Wer Struktur, Inhalte und Design seines Angebots nach den Standards barrierefreier Entwicklung ausrichtet und die Nutzung der in die Geräte häufig schon eingebauten assistiven Technologien berücksichtigt (z.B. Screenreader, die die Inhalte sehbehinderter Nutzern vorlesen), kann auch im mobilen Web geräte- und plattformübergreifende Angebote entwickeln, die allen Benutzern zugute kommen.

Für viele Menschen sind mobile Endgeräte einfach nur praktische Kommunikations- und Informationsmittel, für Menschen mit Behinderung sind sie oft viel mehr: sie erleichtern das Leben an vielen Stellen und ermöglichen eine selbstbestimmte Teilhabe.

Mails abrufen, das Wetter checken oder schauen, was die Freunde auf Facebook machen, früher hat man das fast nur am heimischen PC gemacht. Doch fast unmerklich hat das mobile Internet unseren Alltag erobert.

Smartphones sind vielmehr kleine Computer als Telefone. Zusammen mit einem mobilen Internetzugang gibt es heute kaum noch etwas, wofür man das Smartphone nicht verwenden kann. Für Menschen mit Behinderung ist das nicht nur praktisch, es kann ihnen den Alltag oft entscheidend vereinfachen.

Die Vorzüge mobiler Endgeräte

Die mobilen Geräte haben gegenüber den großen Computern einige Vorteile. Die Oberfläche ist auf wichtige Elemente reduziert und dadurch leichter verständlich und zugänglich. Die vielseitige Nutzbarkeit der Smartphones verdankt sich jedoch auch der zahlreichen eingebauten Sensoren: Oft sind GPS, Kompass oder Beschleunigungssensoren integriert, über die Bluetooth-Schnittstelle können viele zusätzliche Erweiterungen verbunden werden.

Doch ihren durchschlagenden Erfolg bei Menschen mit Behinderung verdanken die Smartphones der integrierten Hilfssoftware: Viele Geräte haben Spracheingabe, Sprachausgabe oder Bildschirmvergrößerung in die Betriebssysteme integriert. Für vergleichbare Funktionen mussten früher hunderte oder gar tausende Euro ausgegeben werden. Die Idee einer Nutzbarkeit für alle ist in Smartphones und Tablets besser umgesetzt als bei jeder anderen Geräteklasse.

Mittlerweile gibt es viele spezielle Apps für Menschen mit Behinderung, die das selbständige und selbstbestimmte Leben erleichtern.

  • Für Gehörlose ist es in vielen Situationen schwierig, einen Gebärdendolmetscher zu organisieren. Mit speziellen mobilen Apps können sie bei Bedarf einen Text-Dolmetscher zuschalten und damit zum Beispiel Vorlesungen an der Uni verfolgen oder den Arztbesuch erledigen (z.B. VerbaVoice).
  • Es gibt verschiedene Apps für Menschen mit sprachlichen Einschränkungen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Hilfen zur unterstützten Kommunikation. Die App Sono Flex bietet dem Benutzer eine Kombination von Grafiken mit Sprachausgabe: Wenn eine dieser Grafiken angetippt wird, liest das Smartphone den entsprechenden Text vor. Dadurch können viele Alltagsaufgaben besser bewältigt werden.
  • Für Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, ist es oft schwierig, zum Beispiel ein barrierefreies Café zu finden. Mit Apps wie Wheelmap können sie gezielt nach für sie zugänglichen Orten suchen.
  • Auch für Blinde ergeben sich neue Möglichkeiten. Durch die aktuellen Geräte von Apple wurden erstmals mobile Geräte mit integrierter Sprachausgabe und Vergrößerungssoftware erschwinglich. Mittlerweile ersetzen diese Geräte zusammen mit speziellen Apps einen ganzen Fuhrpark an teuren Hilfsmitteln. Dabei gibt es Apps zur Navigation, zur Farberkennung, zum Lesen von Beipackzetteln und vieles mehr. Durch die verbreiteten Touchscreens wird es Blinden zum ersten Mal möglich, den grafischen Aufbau von Webseiten zu erfassen.

Natürlich benutzen Menschen mit Behinderung nicht nur spezielle Apps. Skype wird sowohl von Blinden als auch von Gehörlosen gerne eingesetzt. Ansonsten sind auch Apps zum Bestellen von Taxis, zum Musik-Streaming oder Spiele beliebt – es gibt praktisch keine App, die nicht auch von Menschen mit Behinderung genutzt wird. Das meist auftretende Hindernis ist die oft mangelnde Zugänglichkeit, vor allem auch dann, wenn neue Geräte oder Betriebssysteme auf den Markt kommen.

Neue Technik schafft neues Bewusstsein

Mit dem Zugang zur Technik hat sich aber auch das Selbstbewusstsein von Menschen mit Behinderung verändert. Früher haben sich gelegentlich einzelne Menschen beschwert, wenn eine Website nicht barrierefrei war. Heute gibt es große Communities, die sich oft gemeinsam an die Entwickler von Apps wenden, um diese auf die schlechte Zugänglichkeit ihrer Anwendungen aufmerksam zu machen. Die App-Entwickler werden dadurch oft erst auf das Thema Barrierefreiheit und die Gruppe der Kunden mit einer Behinderung aufmerksam. Viele Entwickler nehmen solche Anregungen aus der Community gerne auf.

Gleichzeitig haben Smartphones bei vielen Menschen den Entwickler-Geist geweckt. Ein blinder angehender Physiotherapeut bastelte zum Beispiel eine Halterung, um das iPhone als einfachen Scanner verwenden zu können, ein Programmierer aus England hat eine Anwendung entwickelt, mit der das Smartphone als einfaches Hörgerät genutzt werden kann.

Wir stehen erst am Anfang

Durch mobile Endgeräte verwischen allmählich die Grenzen zwischen Online und Offline. Ein Blinder kann zum Beispiel ein Foto von einem ihm unbekannten Objekt machen, es bei facebook einstellen und seine sehenden Freunde fragen, worum es sich handelt. Die App Wheelmap wird nicht nur mobil genutzt, um barrierefreie Orte zu finden, sondern Nutzer können selber Orte einstellen und bewerten. Ohne die Nutzung von Smartphones wäre diese Anwendung kaum so erfolgreich. Der Dienst VerbaVoice wird zur kommunikativen Brücke zwischen Menschen, die sich ansonsten schwer oder gar nicht verständigen könnten.

Die Dynamik ist enorm, wenn man bedenkt, dass Smartphones erst seit relativ kurzer Zeit einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Wir stehen erst am Beginn einer spannenden Entwicklung.

Das Testen von Webprojekten und mobilen Apps ist eine neue Herausforderung im täglichen Arbeitsalltag eines jeden Entwicklers. Die große Vielfalt der Geräte und Betriebssysteme, die in den letzten Jahren erschienen sind, macht dies noch schwieriger. Weil man kein Vermögen für zahlreiche unterschiedliche Testgeräte ausgeben möchte, eröffnen seit einiger Zeit immer mehr »Open Device Labs« ihre Pforten.
Sven Wolfermann erläutert, was das bedeutet und welche Vorteile dies vor allem auch für diejenigen bringt, die sich mit App- und Webentwicklung beschäftigen.

Hinter der Idee für das erste »Open Device Lab« steht der Gedanke eines »offenen Testlabors« für mobile Geräte. Sie entstand vor ca. einem Jahr in den Agenturräumen von Clearleft in Brighton (UK). Jeremy Keith, der Gründer von Clearleft, wollte die Geräte, die sich in seiner Agentur befanden, nicht nur für die eigene Mitarbeiterschaft, sondern auch für andere Entwickler zum Testen von Webanwendungen und Apps offen zugänglich machen. Was Jeremy Keith anfangs nicht gedacht hätte war, wie viele Entwickler dieser Idee folgten und ihm aus eigenen älteren Beständen Geräte spendeten, so dass die Geräteanzahl schnell wuchs und eine Bandbreite an unterschiedlichsten Herstellermarken und Versionen zur Verfügung stand.

Warum ist das Testen auf echten Geräten überhaupt notwendig?

Für jedes mobile Betriebssystem gibt es sogenannte Emulatoren, um die Entwicklung und Programmierung einer Anwendung zu testen. Um die responsive Website oder mobile Webapp im Desktop-Browser zu testen, gibt es für die Webentwicklung mittlerweile sehr gute Entwicklertools. Allerdings lassen sich Eigenschaften wie Multi-Touch-Gesten, hohe Pixeldichten (Retina-Displays von Apple), oder Prozessorleistung nicht simulieren und müssen zwingend auf echten Geräten getestet werden, um Fehler erkennen zu können. Viele Besonderheiten von Browser/Betriebssystemkombinationen, gerade auf Android-Betriebssystemen, lassen sich ebenfalls nicht zweifelsfrei simulieren und müssen unter realen Bedingungen ausprobiert werden. Dabei sollten speziell auch Größen von Buttons oder Links überprüfen, da die Bedienbarkeit und Performance auf mobilen Geräten eine große Rolle spielt. Außerdem können die Apps oder Websites dann auch mit den Eingabehilfen für Menschen mit Behinderung getestet werden. Dazu gehören etwa die Sprachausgabe, Sprachsteuerung oder Bildschirmvergrößerung.

Weiterhin sollte man unbedingt die Lesbarkeit der Texte überprüfen. Das iPad mini beispielsweise stellt die gleiche Anzahl an Pixeln viel kleiner dar als sein großer 10-Zoll-Bruder. Leider ist es auch durch die Abfrage der Geräteparameter nicht möglich, das iPad mini zu identifizieren, so dass man auch für diese »klein gezoomte« Ansicht eine gute Lesbarkeit vorhalten sollte. Dies kann man nicht am Desktop-Browser simulieren.

Speziell bei der Vielzahl der Smartphones gibt es teilweise große Unterschiede. Hier reicht die Pixeldichte mittlerweile von 0.75 bis 3.0 (Full HD). Gerade bei der Verwendung von Medien (Bilder, Videos) stellt das ein Problem dar, und eine akzeptable Lösung für das Projekt und die Zielgruppe muss gefunden werden.

Am Ende kommt man aber an Tests auf den einzelnen Geräten nicht vorbei, die meisten Emulatoren sind für diesen Zweck nicht ausreichend.

Der Mehrwert eines »Open Device Labs« liegt insofern auf der Hand. In einer Zeit steigender Verbreitung mobiler Endgeräte und wachsender Zugriffe über Smartphones und Tablets ist es enorm wichtig, seine Projekte auf unterschiedlichen Geräten sorgfältig zu testen. Dass der Bedarf da ist, zeigt die Nachfrage nach solchen Angeboten. Der Idee des »Open Device Labs« folgen seither schon über 50 andere Labs weltweit.

Wo finde ich Open Device Labs?

Ob es in der Nähe schon ein Open Device Lab gibt, kann man auf der Webseite opendevicelab.com überprüfen. Deutsche Open Device Labs gibt es mittlerweile in Berlin, Frankfurt, München, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Dortmund und Nürnberg.

Ist die eigene Stadt noch nicht vertreten und möchte man ein eigenes ODL anbieten, sollte man sich zuerst Gedanken über den Standort machen. Er sollte für alle frei zugänglich sein, möglichst an einem zentralen Ort liegen und genug Platz für die Testgeräte bereithalten. Ein unbenutzter Büroraum oder eine Bürogemeinschaften sind dafür ideal. Durch eine Initiative von Andre Jay Meissner und Bruce Bowman gibt es zudem eine Anlaufstelle für begeisterte Firmen, um ein eigenes ODL zu starten. Auf der Webseite lab-up.org kann man sich informieren, welche Schritte notwendig und sinnvoll sind, um ein Open Device Lab anzubieten. Zudem kann Lab-Up auch Kontakte zu Herstellern knüpfen, die manchmal auch Geräte sponsern.

Da es für einige Firmen aus vielen Gründen nicht möglich ist, Ihre Projekte außer Haus zu testen, gibt es jetzt auch ein mobiles ODL, bei dem man einen Gerätepark mieten kann. Informationen dazu findet man unter odl.maddesigns.de.

Vom 6.-8. Mai ist Einfach für Alle wieder auf der re:publica 2013 dabei. Auf der wichtigsten Konferenz über Blogs, soziale Medien und die digitale Gesellschaft werden wir uns erstmals ausführlicher dem Thema mobile Barrierefreiheit widmen. Neben Speakernotes und eigenem Stand sorgt die Aktion Mensch außerdem für eine barrierefreie Zugänglichkeit der gesamten Veranstaltung.

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»Was bedeutet mobile Barrierefreiheit? Was bedeutet mobile Zugänglichkeit für alle? Was bieten mobile Internet-Geräte an Innovationen? Wer profitiert davon? Wo muss sich dringend noch etwas ändern? Wer muss was verbessern?« Mit diesen und weiteren Fragen wird sich Einfach für Alle auf der diesjährigen re:publica näher beschäftigen. Gleich am ersten Tag der re:publica wird Webentwickler Tomas Caspers in seiner Keynote einen technikhistorischen Blick auf den Umgang mit Barrierefreiheit im Web wie auch im aktuellen mobilen Umfeld werfen und die allseits wichtige Frage stellen: »Innovationsbeschleuniger gesucht! – Wie wär's mit Barrierefreiheit?« Was sind die aktuellen Herausforderungen für Entwickler und wie könnten sich in Zukunft Geräte und Inhalte noch besser dem Nutzer anpassen und nicht andersherum?

Im anschließenden Podiumsgespräch stehen der Umgang mit mobilen Endgeräten und die Chancen und Risiken innerhalb unserer mobilen Gerätewelt im Mittelpunkt. »Mehrwert oder Barriere – Wie lassen sich mobile Endgeräte für alle zugänglich machen und wo entsteht Innovation?« Die Zahl der Smartphones und Tablets steigt, aber bis die Geräte und ihre Apps tatsächlich den Anspruch »Einfach für Alle« erfüllen, bleibt noch viel zu tun. Es diskutieren u.a. Silke Horn (schmetterlong.de), Raul Krauthausen (Sozialhelden.de) und Barbara Wolterstädt (Senior Research Group der TU Berlin).

Am Stand der Aktion Mensch gibt es außerdem ein »Open Device Lab«, ein offenes Gerätelabor, zu dem wir alle Besucherinnen und Besucher der re:publica herzlich einladen. Ihnen steht den gesamten Tagungszeitraum ein Pool der unterschiedlichsten Hardware-Geräte zur Verfügung, auf denen eigene Apps und Webseiten auf Barrierefreiheit und Nutzerfreundlichkeit getestet werden und den Fragen nachgegangen werden kann, wie sich bestimmte Webseiten eigentlich für Menschen mit einer Behinderung verhalten.

Darüber hinaus wird der Veranstaltungsort der re:publica, die »STATION Berlin« auch in diesem Jahr wieder weitgehend barrierefrei sein, so dass sich mobilitätseingeschränkte Menschen in den Hallen frei bewegen können. Auch hierfür ist die Aktion Mensch verantwortlich und sorgt u.a. auch mit einem Schriftdienst auf der Hauptbühne und Gebärdensprachdolmetschern für eine möglichst hohe Zugänglichkeit für alle Besucherinnen und Besucher.

Wie viele Menschen mit Behinderung haben eigentlich Smartphones? Wie viel Zeit verbringen sie im Internet? Wir haben mal einige spannende Zahlen und Fakten zusammengefasst.

Zahlen und Fakten rund um digitale Mobilität und Barrierefreiheit …

Fast jeder siebte Mensch hat eine Behinderung

Rund eine Milliarde Menschen haben eine Form von Behinderung, rund 110 Millionen Menschen haben große Schwierigkeiten bei der Nutzung von Technologien. Die zugängliche Gestaltung von Smartphones kann ihre Lebensqualität oft wesentlich verbessern und Zugänge und Mitgestaltung in wichtigen Lebensbereichen unterstützen.

Quelle: guardian.co.uk

Menschen mit Behinderung überdurchschnittlich stark im Web aktiv

Nach einer Online-Umfrage der Aktion Mensch unter mehr als 600 Menschen mit Behinderung ist diese Gruppe von Menschen mit Behinderung überdurchschnittlich stark im Web aktiv. Demnach sind Menschen ohne Behinderung an etwa 5,1 Tagen pro Woche im Internet, bei Menschen mit einer Behinderung sind es rund 6,5 Tage pro Woche.

Quelle: einfach-fuer-alle.de/studie

2013 erstmals mehr Smartphones als Handys verkauft

Nach den Marktforschern des IDC (International Data Corporation) wurden im ersten Quartal 2013 weltweit erstmals mehr Smartphones als einfache Handys verkauft. Insgesamt konnten in den ersten drei Monaten 2013 über 216 Millionen Smartphones abgesetzt werden. Dies entspricht im Segment der Mobiltelefone einem Marktanteil von 51,6 Prozent.

Quelle: zdnet.de

Mobile Internet-Nutzung wächst rasant

Der mobile Zugriff auf das Internet nimmt stetig zu. Im Dezember 2012 haben 16 Millionen Deutsche mit ihren Smartphones auf soziale Netzwerke zugegriffen, so das Ergebnis einer Studie des Marktforschungsunternehmens ComScore.

Quelle: smo14.de

Jeder zweite Mensch mit einer Behinderung hat ein Smartphone

Zumindest in Kanada. Das Wireless RERC (Rehabilitation Engineering Research Center) hat 452 Menschen mit Behinderung nach ihrer Nutzung mobiler Endgeräte befragt. 92 Prozent besaßen zumindest ein mobiles Endgerät. 53 Prozent haben ein Smartphone, 25 Prozent benutzen einen Tablet-Computer. Das überraschende Ergebnis ist, dass nur 45 Prozent der kanadischen Durchschnittsbevölkerung ein Smartphone besitzen, Menschen mit Behinderung also eher ein Smartphone nutzen als Menschen ohne Behinderung.

Quelle: zomigi.com

Zwei Drittel der EU-Bürger würden mehr für barrierefreie Produkte bezahlen

Eine Umfrage der Euopäischen Union zeigte, dass 66 Prozent der EU-Bürger bereit wären, mehr Geld für barrierefreie Produkte zu bezahlen. Für sie steht dabei die Inklusion von Menschen mit Behinderung und älteren Menschen in die Gesellschaft im Vordergrund.

Quelle: ec.europa.eu (PDF)

Es gibt bereits zahlreiche gute Beispiele für Apps, die vor allem für Menschen mit Behinderung im Alltag hilfreich sein können. Einige Best Practice Beispiele werden wir hier zukünftig näher vorstellen, die Liste wird dabei immer wieder erweitert. Den Anfang machen die »Klassiker«, wichtige Basis-Apps für bestimmte Behinderungen.

Apps für Menschen mit Behinderung …

Für Menschen mit Sehbehinderungen

Ariadne GPS

Mit Ariadne GPS können blinde Menschen durch ihnen bekannte oder auch fremde Umgebungen navigieren. Die App bietet die Möglichkeit, Karten zu nutzen, um damit die eigene Wohngegend neu kennen zu lernen oder neue Orte zu finden.

Sie kann den aktuellen Standort einer Person über den eingebauten GPS-Empfänger oder über das Handy-Signal ermitteln oder sagt bei Berührung an, welche Straßen vor oder hinter der Person liegen.

Dadurch wird das Smartphone zu einem Navigationssystem für Blinde. In vielen Fällen ist die Navigation sogar genauer als bei einem einfachen Navigationssystem, weil die Standortinformationen aus mehreren Quellen wie GPS und dem Handysignal ermittelt werden können. Für Blinde ist das wichtig, weil sie nicht ohne weiteres den Namen der Straße oder die Hausnummer herausfinden können. Aktuell gibt es die App nur für das iPhone.

www.ariadnegps.eu

Für Menschen mit Hörbehinderungen

VerbaVoice

Bei VerbaVoice handelt es sich um einen mobilen Text-Dolmetschdienst. Gehörlose oder schwerhörige Menschen können den Dienst bei Bedarf zuschalten, um sich das vom Gesprächspartner Gesagte in Text übersetzen zu lassen. Das ist praktisch, da es oft schwierig und teuerer ist, in jeder Situation einen Textdolmetscher zu organisieren.

Der Dolmetsch-Dienst kann zum Beispiel in einer Vorlesung genutzt werden, um das vom Dozenten Gesagte live in Text übertragen zu lassen. Gehörlose und schwerhörige Menschen können dadurch leichter dem Vortragenden folgen. Wenn der Dozent besonders schnell spricht, kann der Schriftdolmetscher auch eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte anfertigen. Man kann außerdem eine Mitschrift des Gesprochenen bestellen, um Informationen nachzulesen, die in der konkreten Situation nicht verstanden wurden.

VerbaVoice gibt es für PCs, für das iPhone und Android.

www.verbavoice.de

Für Menschen mit sprachlichen Einschränkungen

Grace-App

Die Entwicklung der Grace-App wurde von der Mutter eines Kindes mit Autismus angestoßen. Das Kind erhielt dadurch die Möglichkeit, über Bilder zu kommunizieren und seinen Gefühlszustand auszudrücken. Zugleich dient die App zur Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten des Kindes.

Ursprünglich hatte die Tochter der Entwicklerin ein Bilderbuch. Wenn sie Hunger hatte oder sich unwohl fühlte, zeigte sie auf ein bestimmtes Bild, um diesen Zustand auszudrücken. Das Buch war aber zu groß, um es überall hin mitzunehmen. Die App ist überall verfügbar und kann bei Bedarf auch um neue Bilder erweitert werden.

Die Entwicklerin hat bewusst auf eine Sprachausgabe verzichtet, die in vielen Apps zur Unterstützten Kommunikation eingebaut ist, um die sprachlichen Fähigkeiten ihrer Tochter zu fördern. Der Benutzer kann dazu angehalten werden, auch auszusprechen, was er mitteilen möchte, wenn er auf ein bestimmtes Bild zeigt. Die angesprochene Person kann ihm helfen, indem sie das Gesagte wiederholt oder korrigiert.

Die App gibt es aktuell nur für das iPhone.

www.autismus-kultur.de

Für Menschen mit motorischer Behinderung

Wheelmap

Wheelmap ermöglicht es Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, barrierefreie Orte zu finden. Das erleichtert ihnen sowohl die Planung von Reisen als auch das spontane Aufsuchen beispielsweise von Cafés oder Restaurants. Die Orte auf WheelMap werden von vielen Freiwilligen eingetragen und auf ihre Barrierefreiheit bewertet. Die Anwendung ist auch für Menschen mit Gehbehinderung oder Eltern mit Kinderwagen nützlich.

www.wheelmap.org

Der Social-Media-Dienst Twitter wird auch von blinden und sehbehinderten Menschen gerne genutzt. Für schnellen, mehr oder weniger tiefsinnigen Gedankenaustausch, aber immer knapp formuliert in maximal 140 Zeichen.

Twitpicdescription – ein Tool, das Twitter-Nutzern mit Sehbehinderung Bilder zugänglich machen kann …

Neulich in meiner Timeline (so nennt man die Nachrichtenübersicht bei Twitter): Eine blinde Twitter-Nutzerin bittet einen Bekannten in ihrer Timeline um die Beschreibung eines Bildes, das er soeben getwittert hatte. Sie wollte einfach die Diskussion verstehen, die sich auf das Bild bezog, das sie ja nicht sehen konnte. Nach einigem Hin und Her kamen Aussagen wie »Das geht nicht bei verlinkten Bildern«. Und noch etwas später: »Ich frage mich jedoch, ob ich wirklich aus Solidarität auf meine visuellen Scherze verzichten sollte.«

Der Hintergrund dieser Konversation: Auf Twitter kann man auch Bilder veröffentlichen. Dem Charakter von Twitter entsprechend handelt es sich dabei oft um lustige oder provozierende, häufig zu Kommentaren oder Diskussionen anregende Bilder. Man kann den Frust der blinden Frau verstehen, die die Diskussionsbeiträge zwar lesen, aber nicht verstehen konnte, weil die Diskussionsgrundlage, das Bild, für sie nicht zugänglich war. Aber auch die Reaktion „… auf meine visuellen Scherze will ich nicht verzichten [… nur weil auch blinde Menschen meine Tweets lesen]« ist verständlich. Es gibt Bilder, die für sich sprechen, die man nicht kommentieren darf, ohne die Pointe vorwegzunehmen. Wissen sollte man in diesem Zusammenhang auch, dass blinde Menschen häufig eine erstaunliche Fähigkeit entwickelt haben, sich aus wenigen Hinweisen »ein Bild zu machen«. Aber ganz ohne Hinweise – in diesem Fall ohne eine Beschreibung des Bildes – kann das nicht gelingen.

Da Twitter selbst keine entsprechende Möglichkeit bietet und ich mich mit der Aussage »Das geht nicht« nur ungern zufrieden gebe, habe ich ein Online-Tool geschrieben, das genau den beschriebenen Fall abdeckt: www.twitpicdescription.de oder w7t.de Das Tool ist kostenlos online verfügbar und weitgehend selbsterklärend. Es erfordert allerdings vom Anwender, vom Ersteller der Bildbeschreibung, etwas Mühe, und vor allem Problembewusstsein.

Der URL – die Adresse des Bildes im Web, z. B. bei Twitter – muss ausfindig gemacht und zwischengespeichert werden (in der Regel reicht dazu ein Mausklick rechts). Und – das dürfte vielen Menschen tatsächlich Mühe bereiten – es muss eine Bildbeschreibung formuliert werden. Knapp, aber so aussagefähig, dass der blinde Leser sich daraus ein zutreffendes Bild machen kann.

Zum Thema Problembewusstsein: Nicht jedes Foto auf Twitter verlangt nach einer Beschreibung. Bestimmt nicht die vielen Reisefotos, und noch weniger das Foto von der Pizza des Tages. Aber ein Foto der Tageszeitung mit der aktuellen Schlagzeile, ein geistreicher Cartoon oder ein Foto mit einer speziellen Aussage könnten lohnende Objekte sein. Glücklicherweise tragen gerade solche Bilder oft ihre eigene Bildbeschreibung in sich. Man denke an die Sprechblasen in Cartoons oder die lustige Beschriftung eines Plakats. Aber Bilder bleiben Bilder, ob mit oder ohne Text, und Bilder können auch von modernen Screenreadern (Bildschirmlesegeräten) nicht ausgelesen werden, bleiben blinden und sehbehinderten Menschen also unzugänglich. Als Beispiel für die vom Tools erzeugte Ausgabe eine mit twitpicdescription.de beschriebene Grafik: Web-Adresse: w7t.de/a/50fdad8ea81bc.php Die Bildbeschreibung in obigem Beispiel wurde im Tool als »Beschreibung unsichtbar, nur für Screen Reader lesbar« markiert. Sehende Betrachter lesen nur den knappen Hinweis auf eine existierende Bildbeschreibung, nicht aber die Beschreibung selbst. Sie lautet in Klarschrift: »Probleme intellektueller Paare: Sie: Lass uns doch mal wieder ausgehen. Er: Wovon?« – So einfach kann es sein!

Im August 2012 ist der ISO-Standard PDF/UA verabschiedet worden. Aus diesem Anlass veranstaltet die PDF Association eine Reihe von Seminaren rund um barrierefreie PDFs.

Themen der Seminare sind unter anderem die geltenden Regelungen für barrierefreie PDF-Dokumente, deren Erstellung sowie die Formulierung von Anforderungen und die Qualitätssicherung. Die Seminare richten sich an Mitarbeiter aus Behörden, an Dienstleister und andere Interessierte.

Die Seminare finden im Herbst 2012 sowie im Frühjahr 2013 an wechselnden Orten und mit unterschiedlichen Schwerpunkten statt. Nach Information der Veranstalter beträgt der reguläre Teilnehmer-Beitrag 299 Euro, für Mitglieder gemeinnütziger Organisationen 99 Euro und für Studenten 29 Euro.

Weitere Informationen zu den einzelnen Terminen und Seminarinhalten finden Sie auf den Seiten der PDF Association unter www.pdfa.org.

Beachten Sie zu diesem Thema auch die bei ›Einfach für Alle‹ übersetzten Techniken für barrierefreies PDF.