Warum Formulare mit Nutzern getestet werden sollten
Die Praxis zeigt, dass Formulare häufig weder benutzerfreundlich noch barrierefrei sind. In unserer Formularserie hatten wir das Testen von Formularen bereits ausführlich behandelt. An dieser Stelle wollen wir aufzeigen, welche Probleme in der Praxis entstehen können, wenn Formulare nicht ausreichend getestet wurden. Wir nehmen hier ein Beispiel, das es so gegeben hat. Es handelt sich dabei um eine einfache Umfrage, die mittlerweile nicht mehr online steht.
Bei dem Formular handelt es sich um eine Umfrage mit vielen Checkboxen, ein paar Radio-Buttons, zwei Eingabefeldern, einem Auswahlfeld und einem Absendebutton. In einem kurzen Einleitungstext wird der Inhalt und Zweck der Umfrage zusammengefasst. Die Umfrage selbst besteht aus mehreren Blöcken, pro Block kann zwischen etwa zehn Optionen per Checkbox ausgewählt werden.

Das Formular wird nicht clientseitig validiert, das heißt, Fehler bei der Eingabe werden erst nach dem Absenden des Formulars und dem Neuladen der Seite angezeigt.
Fehler 1: Ungeschickte Auswahl von Formularelementen
Das Formular umfasst mehrere Blöcke mit Checkboxen. Man kann alle Checkboxen auswählen, wobei jede Checkbox eine Option darstellt. Außerdem gibt es eine Checkbox für ›alles‹, man kann also alle Optionen des Blocks auswählen.
Falsch: Man darf aus irgendeinem Grund nur drei Checkboxen pro Bereich auswählen, kann aber beliebig viele aktivieren. Hat man die Checkbox ›alles‹ ausgewählt, darf keine der anderen zu diesem Block gehörenden Checkboxen ausgewählt sein.
Mit anderen Worten: ein blinder Nutzer muss mit seinem Screenreader nach dem Ausfüllen und Versenden des Formulars alle Checkboxen des fehlerhaften Blocks noch einmal durchgehen und an- bzw. abwählen, bis er auf maximal drei aktive Checkboxen oder die Checkbox ›alles‹ kommt. Er muss sich außerdem merken, wie viele Checkboxen er schon aktiviert hat, denn sehen kann er das natürlich nicht.
Dazu kommt noch ein Fehler in der Logik des Formulars: man darf entweder eine begrenzte Zahl von Optionen auswählen oder alle Optionen. Es leuchtet nicht ein, warum man sich entscheiden soll zwischen drei Optionen oder ›alles‹.
Checkboxen sollten deshalb nur eingesetzt werden, wenn die Zahl der wählbaren Optionen unbegrenzt ist.
Fehler 2: Mangelnde Ausfüllhilfe
Wenige Formulare sind wirklich selbsterklärend. Es ist daher sinnvoll, den Nutzern Ausfüllhilfen anzubieten. Die Zahl auswählbarer Optionen sollte unmittelbar nach der zugehörigen Frage genannt werden.
Bei dem genannten Formular gab es diese Ausfüllhilfen nicht. Es fehlte eine generelle Anleitung, wie das Formular auszufüllen ist. Erst in den Fehlermeldungen tauchen die Hinweise auf, wie viele Optionen ausgewählt werden dürfen.
Weiterführendes
Fehler 3: Schlechte Formulararchitektur
Bei umfangreichen Formularen ist eine Aufteilung der Blöcke auf mehrere Seiten sinnvoll. Bei diesem Formular hätte sich das angeboten, weil die Fehlerkorrektur für Blinde schlicht unzumutbar ist. Der Blinde muss jeden einzelnen Block darauf hin prüfen, ob dort eine Fehlermeldung vorhanden ist und im schlimmsten Fall jeden Block einzeln korrigieren. Das ist so mühsam und langwierig, dass es kaum jemand auf sich nehmen wird. Bei der Aufteilung auf mehrere Blöcke würde die Fehlermeldung nach dem Ausfüllen des ersten Blockes auftreten. Es müsste also nur dieser Block korrigiert werden. Außerdem würde ein Lerneffekt eintreten: der Benutzer lernt nach der ersten Fehlermeldung, dass er nur drei Checkboxen pro Block auswählen darf.
Um die Probleme mit diesem Formular zu beheben hätte bereits ein formloser Test mit einigen unbeteiligten Personen ausgereicht. Da dieses Formular ausdrücklich an Menschen mit Behinderung gerichtet war, wäre auch ein Test auf Barrierefreiheit angemessen gewesen. Wir können nur dazu raten, Formulare dieser Art ausgiebig zu testen, um unnötige Abbrüche zu vermeiden. Ein schlecht gestaltetes Formular fällt letztlich auch negativ auf den Anbieter der Webseite zurück.