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Aktuelles zum Thema Barrierefreies Webdesign.

Wie bei den vorangegangenen Überarbeitungen dieser Seiten in den Jahren 2001, 2003, 2004 und 2006 gab es auch diesmal wieder heftige Kritik aus vielen Richtungen. Sofern diese Kritik sachlich bleibt, stellen wir uns ihr gerne – sehr gerne sogar. Auch wir lernen täglich dazu, sonst sähen diese Seiten immer noch so aus wie früher.

Ein Teil der Kritik bezog sich auf die (vermeintliche) Nicht-Validität dieser Seiten – hierzu gab es bereits eine Folge unseres Laborberichts und wir hoffen, dass damit alle Missverständnisse ausgeräumt sind. Ein anderer Aspekt, an dem sich viele Kommentare hier und in anderen Blogs gerieben haben, sind die vermeintlich zu schwachen Kontraste in der Gestaltung dieser Seiten, und um die dreht es sich in der heutigen Folge.

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Ein Plädoyer: Kontraste mit Köpfchen

Die am 11. Dezember 2008 veröffentlichten Web Content Accessibility Guidelines (WCAG 2.0, wir berichteten) setzen Mindest-Kontraste für unterschiedliche Arten von Inhalten (Text, Text in Bildern etc.) fest. Diese sind je nach WCAG-Level unterschiedlich strikt: für Level AA braucht man einen Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrundfarbe von 4,5 zu 1; für Level AAA schon 7 zu 1. Dabei gibt es allerdings noch Abstufungen – so reicht für Level AA bei großem und / oder fettem Text auch 3 zu 1, für Level AAA auch 4,5 zu 1 (dass es keine Obergrenze für Kontraste gibt, hatten wir bereits an anderer Stelle bemängelt, dies hat aber nichts mit dem heutigen Thema zu tun).

Allerdings sind dies nicht die einzigen Ausnahmen, sondern es werden noch weitere Beispiele genannt, bei denen diese Anforderungen nicht anwendbar sind:

  • Incidental: Text or images of text that are part of an inactive user interface component, that are pure decoration, that are not visible to anyone, or that are part of a picture that contains significant other visual content, have no contrast requirement.
  • Logotypes: Text that is part of a logo or brand name has no minimum contrast requirement.

Der zweite Punkt ist eindeutig: für Text, der Teil eines Logos oder Markennamen ist, gibt es keine Minimal-Anforderungen für Kontraste. Dies trifft auf den gesamten Kopfbereich dieser Seiten zu, in dem der Name, der Claim und das Logo der Initiative ›Einfach für Alle‹ zu finden ist.

Der erste Punkt hingegen lässt, oberflächlich betrachtet, einigen Spielraum für Interpretationen zu: Was ist »pure decoration«? Nehmen wir als Beispiel unsere Seite mit der Inhaltsübersicht: in dieser findet sich eine Überschrift »Artikel« in weiss auf hellblauem Hintergrund. Wenn man nun ein Prüfwerkzeug stur nach Schema F anwendet, erhält man einen Fehlerbericht, in dem dies bemängelt wird. Nur – ist dies wirklich ein Fehler? Ist dies wirklich eine unüberwindbare Barriere?

Größere Ansicht: Screenshot des Inhaltsverzeichnisses im Test mit Colour Contrast Analyser 2.2

Der Nutzer erreicht diese Seite ausschließlich über Links, die eindeutig das Wort »Artikel« oder »Inhaltsverzeichnis« enthalten. Diese Links sind bei Maus- und Tastaturbedienung schwarz oder dunkeldunkelgrau auf weiss, haben aber bereits in ihrem Urzustand ohne Interaktion ausreichende Kontraste. Auf der Seite selbst findet sich dann (den Browser-Chrome mitgerechnet) sechsmal das Wort »Artikel« in ausreichenden Kontrasten (im verlinkten Screenshot mit einer durchgehenden grünen Linie gekennzeichnet) und genau einmal mit nicht ausreichenden Kontrasten (im Screenshot mit einer gestrichelten roten Linie gekennzeichnet).

Ein grundsätzliches Problem bei der Forderung nach maximalen Kontrasten für Alles und Jedes: Wenn alles hervorgehoben ist, dann ist nichts hervorgehoben und man kann es auch gleich sein lassen und unformatierte Seiten ins Netz stellen. Abstufungen im Kontrast sind also bewusste Design-Entscheidungen, um den Fokus auf Elemente zu lenken oder fernzuhalten und genau dafür setzen wir diese Abstufungen ein.

Ja, aber …

Diese ›Ausrede‹ zieht natürlich nur, wenn die wesentlichen und relevanten Inhalte der Seite über ausreichende Kontraste verfügen, und genau darauf haben wir beim letzten Relaunch geachtet. Die WCAG 2.0 begründet den für Level AA geforderten Wert von 4,5:1 mit der wissenschaftlich nachgewiesenen Fähigkeit von ca. 80-jährigen Nutzern, bestimmte Kontraste noch zu differenzieren. Der Text, den Sie gerade lesen (der wesentliche Bestandteil dieser Seite), verfügt über einen Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrundfarbe von 14,0:1 (#222 auf #f3f1e1) – damit sollten wir wohl auf der sicheren Seite sein.

Aber das schützt nicht vor weiteren Tests: So wie Toningenieure beim Abmischen einer Symphonie Autoradios berücksichtigen, so sollte man ein Design nicht nur auf nagelneuen LED-Monitoren bewerten, sondern zusätzlich noch auf einer 10 Jahre alten 17"-Röhre. Einen gewissen Einfluss auf die wahrgenommenen Kontraste hat auch die Frage, ob der Nutzer mit oder ohne Schriftglättung unterwegs ist, daher gehört das Abschalten derselben zu einem vollständigen Test.

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