Twitpicdescription – ein Tool, das Twitter-Nutzern mit Sehbehinderung Bilder zugänglich machen kann

Der Social-Media-Dienst Twitter wird auch von blinden und sehbehinderten Menschen gerne genutzt. Für schnellen, mehr oder weniger tiefsinnigen Gedankenaustausch, aber immer knapp formuliert in maximal 140 Zeichen.

Autor: fw

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Neulich in meiner Timeline (so nennt man die Nachrichtenübersicht bei Twitter): Eine blinde Twitter-Nutzerin bittet einen Bekannten in ihrer Timeline um die Beschreibung eines Bildes, das er soeben getwittert hatte. Sie wollte einfach die Diskussion verstehen, die sich auf das Bild bezog, das sie ja nicht sehen konnte. Nach einigem Hin und Her kamen Aussagen wie »Das geht nicht bei verlinkten Bildern«. Und noch etwas später: »Ich frage mich jedoch, ob ich wirklich aus Solidarität auf meine visuellen Scherze verzichten sollte.«

Der Hintergrund dieser Konversation: Auf Twitter kann man auch Bilder veröffentlichen. Dem Charakter von Twitter entsprechend handelt es sich dabei oft um lustige oder provozierende, häufig zu Kommentaren oder Diskussionen anregende Bilder. Man kann den Frust der blinden Frau verstehen, die die Diskussionsbeiträge zwar lesen, aber nicht verstehen konnte, weil die Diskussionsgrundlage, das Bild, für sie nicht zugänglich war. Aber auch die Reaktion »… auf meine visuellen Scherze will ich nicht verzichten [… nur weil auch blinde Menschen meine Tweets lesen]« ist verständlich. Es gibt Bilder, die für sich sprechen, die man nicht kommentieren darf, ohne die Pointe vorwegzunehmen. Wissen sollte man in diesem Zusammenhang auch, dass blinde Menschen häufig eine erstaunliche Fähigkeit entwickelt haben, sich aus wenigen Hinweisen »ein Bild zu machen«. Aber ganz ohne Hinweise – in diesem Fall ohne eine Beschreibung des Bildes – kann das nicht gelingen.

Da Twitter selbst keine entsprechende Möglichkeit bietet und ich mich mit der Aussage »Das geht nicht« nur ungern zufrieden gebe, habe ich ein Online-Tool geschrieben, das genau den beschriebenen Fall abdeckt: www.twitpicdescription.de oder w7t.de Das Tool ist kostenlos online verfügbar und weitgehend selbsterklärend. Es erfordert allerdings vom Anwender, vom Ersteller der Bildbeschreibung, etwas Mühe, und vor allem Problembewusstsein.

Der URL – die Adresse des Bildes im Web, z. B. bei Twitter – muss ausfindig gemacht und zwischengespeichert werden (in der Regel reicht dazu ein Mausklick rechts). Und – das dürfte vielen Menschen tatsächlich Mühe bereiten – es muss eine Bildbeschreibung formuliert werden. Knapp, aber so aussagefähig, dass der blinde Leser sich daraus ein zutreffendes Bild machen kann.

Zum Thema Problembewusstsein: Nicht jedes Foto auf Twitter verlangt nach einer Beschreibung. Bestimmt nicht die vielen Reisefotos, und noch weniger das Foto von der Pizza des Tages. Aber ein Foto der Tageszeitung mit der aktuellen Schlagzeile, ein geistreicher Cartoon oder ein Foto mit einer speziellen Aussage könnten lohnende Objekte sein. Glücklicherweise tragen gerade solche Bilder oft ihre eigene Bildbeschreibung in sich. Man denke an die Sprechblasen in Cartoons oder die lustige Beschriftung eines Plakats. Aber Bilder bleiben Bilder, ob mit oder ohne Text, und Bilder können auch von modernen Screenreadern (Bildschirmlesegeräten) nicht ausgelesen werden, bleiben blinden und sehbehinderten Menschen also unzugänglich. Als Beispiel für die vom Tools erzeugte Ausgabe eine mit twitpicdescription.de beschriebene Grafik: Web-Adresse: w7t.de/a/50fdad8ea81bc.php Die Bildbeschreibung in obigem Beispiel wurde im Tool als »Beschreibung unsichtbar, nur für Screen Reader lesbar« markiert. Sehende Betrachter lesen nur den knappen Hinweis auf eine existierende Bildbeschreibung, nicht aber die Beschreibung selbst. Sie lautet in Klarschrift: »Probleme intellektueller Paare: Sie: Lass uns doch mal wieder ausgehen. Er: Wovon?« – So einfach kann es sein!