Mobile Barrierefreiheit – Wie denken Sie darüber und was ist an dem Thema wichtig?

Rund um das Thema mobile Endgeräte, digitale Barrierefreiheit und mobile Accessibility gibt es viele Meinungen, Überlegungen und Ideen. Wir fragen bei Menschen nach, die das Thema interessiert und dazu etwas zu sagen haben.

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Interview mit Anne Leichtfuß - Magazin »Ohrenkuss«

Liebe Frau Leichtfuß, wie relevant ist das Thema »Accessibility« und »Barrierefreiheit« bei der mobilen Internet-Nutzung für Sie bzw. Ihren Kollegenkreis?
Einige meiner Kolleginnen und Kollegen nutzen Smartphones und/oder iPads und das auch unterwegs. Ich denke nicht, dass sie dabei bewusst nach barrierefreien oder -armen Seiten suchen. Die Nutzung einer Seite ist dann einfach für sie, wenn die Seitenstruktur klar und einfach ist. Wenn zum Beispiel klar erkennbar ist, welche Funktion sich wo verbirgt und ob auf den ersten Blick sichtbar ist, wofür die Seite genutzt werden kann. Auch die Sprache auf der Seite ist entscheidend dafür, ob sie diese gut nutzen können oder nicht. Mehr Angebote in leichter Sprache wären schön. Das Angebot ist sehr begrenzt und beschäftigt sich oft mit Themen, die für die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen nicht sehr interessant sind.
Welche Erfahrungen haben Sie selber als Nutzerin mobiler Endgeräte (z.B. Smartphone) mit Barrierefreiheit gemacht?
Meine KollegInnen mit Down-Syndrom brauchen für die Nutzung des Gerätes zunächst eine Assistenz, die ihnen zeigt und erklärt, wie einzelne Funktionen genutzt werden können (z.B. Sprachfunktion, SMS, Lexikon-App). Sie entwickeln aber schnell Routinen und können dann ihr Wissen auch auf andere Smartphone-Funktionen übertragen.
Was muss und kann verbessert werden? Welche Aspekte der Barrierefreiheit sollten mobile Internet-Geräte erfüllen, hinsichtlich verschiedener Behinderungen (Sprache, Sehen, Hören, Motorik, etc.)?
Mehr ansprechende Angebote in leichter Sprache wären gut. Nicht nur zu Themenbereichen wie Selbstbestimmung, Inklusion oder Politik. Die sind wichtig - klar. Menschen mit Down-Syndrom haben im Netz ähnliche Interessen wie Menschen ohne Down-Syndrom. Sie suchen nicht nur Information, sondern möchten auch Musik hören, Spiele spielen oder sich in sozialen Netzwerken austauschen. Deshalb wäre es schön, wenn es einen Teil dieser Themenbereiche auch in leichter Sprache und/oder mit einer guten Hilfe-Funktion gäbe.
Können Sie Beispiele nennen, bei denen mobile Barrierefreiheit überzeugend umgesetzt worden ist?
Für den speziellen, von mir beschriebenen Teilbereich der Barrierefreiheit finde ich die Seite »Nachrichten leicht« gut umgesetzt (www.nachrichtenleicht.de). Die Seite ist übersichtlich und klar strukturiert. Die Texte sind in leichter Sprache geschrieben, und trotzdem dem Erwachsenenalter meiner Kollegen angemessen formuliert. Die Themenbereiche sind dieselben wie auf einer anderen Nachrichtenseite auch. Man bekommt angeteaserte Nachrichten im Überblick, kann sich über die Navigation aber auch für einen bestimmten Themenbereich entscheiden. Man kann die Texte selbst lesen oder sich vorlesen lassen. Die verwendeten Icons sind allgemein bekannt und gut verständlich.
Welche Potenziale sehen Sie für Nutzerinnen und Nutzer mit Behinderungen bei diesem Thema?
Das Interesse meiner Kolleginnen und Kollegen am Thema Internet ist hoch. Sowohl für ihre Bedürfnisse als Privatpersonen, als auch für ihre redaktionelle Arbeit möchten sie das Internet nutzen, auf Rechercheterminen außerhalb der Redaktion auch mobil. Wenn es also mehr Angebote, Seiten oder Apps gäbe, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten wären, wären mit Sicherheit alle begeistert.