BITV Reloaded – Anforderung 14

Bedingung 14.2: Grafische Gestaltung (Prio. 2)

Text ist mit graphischen oder Audio-Präsentationen zu ergänzen, sofern dies das Verständnis der angebotenen Information fördert.«

  • BIENE
  • BIENE
  • WCAG 1
  • WCAG 2.0

Was heißt das?

Die grafische Gestaltung ist ein wichtiger Bestandteil des gesamten Web-Angebotes und dient nicht nur der Selbstdarstellung des Anbieters. Sowohl der Besucher als auch der Anbieter haben ein Recht auf Gestaltung, aber Anbieter haben sogar die besondere Verantwortung und Pflicht, gut gestaltete und benutzbare Seiten zu veröffentlichen. Die BITV schließt hierbei Sonderwege wie reine Nur-Text-Versionen ausdrücklich aus, da diese nicht barrierefrei im Sinne der Verordnung für die Gesamtheit der Besucher sein können.

Eine gelungene grafische Gestaltung fördert jedoch nicht nur, wie in der BITV formuliert, »das Verständnis der angebotenen Information«, sondern dient der gesamten Wahrnehmung, Orientierung und Bedienung eines Angebots. Besonders für Menschen mit einer unterdurchschnittlichen Sprachkompetenz sind grafische Hilfen oder multimediale, interaktive Ergänzungen oftmals ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Bewältigung der selbstgestellten Aufgabe, für deren Erledigung sie auf Ihre Seiten gekommen sind. Hierunter fallen im Sinne der Verordnung vor allem Menschen mit Lernbehinderungen, Lese-Rechtschreib-Schwächen oder kognitiven Behinderungen; gerade im Bereich der Wissensvermittlung lassen sich durch alternative grafische oder multimediale Inhalte aber auch unterschiedliche Lernstile bei allen Nutzern abdecken.

Die Textlastigkeit des Mediums Web wird durch die vorhergehenden Vorgaben der BITV zur Bereitstellung von Textalternativen für sämtliche nicht-Text-Inhalte noch weiter verstärkt. Hierdurch können für Menschen mit kognitiven Behinderungen weitere Barrieren aufgebaut werden, wenn sie mit zu großen Textmengen konfrontiert werden.

Wie können Sie das testen?

Eigentlich gar nicht, zumindest nicht als ausschließlich mit der Produktion befasster Webdesigner: die Vorkehrungen zur Erfüllung der Bedingungen müssen bereits in der Konzeptions- und Designphase eines Angebotes getroffen werden.

Wie alle Bedingungen der Anforderung 14 ist auch diese nicht wirklich testbar, ohne ein Usability-Labor zu bemühen. Die Schwierigkeit besteht hierbei, dass sich diese Bedingung nicht wie die eher technisch orientierten Bedingungen nach einfachen Regeln testen lässt und die Tests kaum ein eindeutiges Ja-/Nein-Ergebnis bringen werden. Eine klare Grenze zwischen »verstehen« und »nicht verstehen« gibt es nicht und ist damit im Rahmen eines Prüfverfahrens nicht wirklich objektiv meßbar.

Hieraus ergeben sich Schwierigkeiten in der Abgrenzung, ab wann die verwendete Textmenge für die Zielgruppen eines Angebotes zu viel wird und alternative grafische oder multimediale Präsentationen nötig sind. Bei einer Website für eine Selbsthilfegruppe von Menschen mit kognitiven Behinderungen oder einem Angebot für funktionale Analphabeten ist dies noch relativ leicht zu definieren: hier müssen Sie auf die ganz speziellen Bedürfnisse dieser Nutzer reagieren; bei allgemeiner gefassten Angeboten hängt dies oftmals vom Problembewußtsein und Willen des Anbieters und den zur Verfügung stehenden Ressourcen ab.

Da kognitive Behinderungen jedoch nicht generell mit niedriger Intelligenz gleichzusetzen sind, kann man diese Nutzer als Anbieter von komplexen Inhalten, e-Learning-Plattformen und ähnlichem nicht einfach aus der Zielgruppe herausdefinieren. Dass die speziellen Bedürfnisse dieser Nutzer in der BITV mit niedriger Priorität behandelt werden ist zwar eine direkte Folge der Einsortierung bei Level AAA der WCAG 1.0, dies ist aber aus Sicht der Betroffenen weiterhin unzureichend. Sämtliche Anforderungen an die Accessibility muten zunächst kompliziert an, bis man sich als Anbieter mit den Techniken zum Abbau von Barrieren vertraut macht und diese umsetzt.